© Ludwig Neidhart, Augsburg 2017
I. Im Alten Testament sind die Hauptpunkte der Ethik im Dekalog (den Zehn Geboten) zusammengefasst (Ex 20; Dt 5); siehe im Skript Fundamentalethik, Kap. 14.4 (S. 15). An herausragenden Stellen im AT, welche die einsamen Höhepunkte der alttestamentlichen Ethik sind, findet man auch das Verbot von Hass und Rache und das Gebot der Nächstenliebe: „Trage gegen deinen Bruder nicht Hass in deinem Herzen. ... Räche dich nicht ... sondern liebe deinen Nächsten wie dich selbst“ (Lev 19,17- 18). Die Nächstenliebe wird auch auf den Fremden ausgedehnt. „Wie ein Einheimischer aus eurer Mitte gelte euch der Fremde, der sich bei euch aufhält. Du sollst ihn lieben wie dich selbst.“ (Lev 19,34). 1 Jesus fasst dies später mit dem Gebot der Gottesliebe (ebenfalls im AT, aber an anderer Stelle: Dt 6,4-9) zum Doppelgebot der Liebe zusammen (Mt 22,35-40). Im AT ist auch die Forderung nach Feindesliebe zumindest angedeutet.2 Neben diesen ethischen Lichtblicke gibt es im AT aber auch viele Stellen, wo die Ethik, wie Gott sie wirklich will, ziemlich verdunkelt ist. Beispiele deckt Jesus in den sog. „Antithesen“ der Bergpredigt auf (siehe unten).
II.1. Im Neuen Testament ist die Bergpredigt Jesu zentral (Matthäus 5-7).Jesus tritt hier als „neuer Mose“ auf, indem er wie Moses auf einem „Berg“ als Gesetzgeber auftritt. Der Bergpredigt entspricht bei Lukas die sog. Feldrede (Lk 6,17-49), diese ist aber kürzer (z.B. nur vier Seligpreisungen statt acht in der Bergpredigt), enthält nur die Kerngedanken wie Racheverzicht und Feindesliebe; diese aber sind teilweise weiter ausgeführt als in der Bergpredigt; die Formulierungen in der Feldrede sind teilweise einfacher und weniger feinsinnig (z.B. werden hier schlicht die „Armen“ gepriesen; in der Bergpredigt dagegen die „vor Gott arm“ sind), dafür aber schärfer (z.B. sind hier die Seligpreisungen durch entsprechende Wehrufe ergänzt).
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