Wenn wir die Evangelien-Texte, die über Maria berichten, einfach nur lesen, dann werden wir darin über Maria nur äußerst wenig wahrnehmen. Wenn wir uns mit diesen marianischen Texten hingegen intensiv und näher befassen, werden uns dort noch weit mehr Informationen über sie begegnen, so auch die Tatsache, dass sie mystisch begnadet war, was wir hier bereits gesehen haben. Ihr wurde auf der Hochzeit zu Kana offenbart, dass der Wein zu Ende war. Sie hatte ganz offensichtlich die Gabe der Weissagung. Betrachten wir auch ihr Magnifikat:
„Hochpreist meine Seele den Herrn, und mein Geist jubelt über Gott, meinen Retter; er schaute gnädig herab auf die Niedrigkeit seiner Magd; denn siehe, von nun an werden mich selig preisen alle Geschlechter. Große Dinge hat an mir getan der Mächtige, und heilig ist sein Name. Sein Erbarmen gilt von Geschlecht zu Geschlecht denen, die ihn fürchten. Er übt Macht aus mit seinem Arm; er zerstreut, die hochmütig sind in ihres Herzens Sinnen. Gewalthaber stürzt er vom Thron und erhöht die Niedrigen. Hungrige erfüllt er mit Gütern, und Reiche schickt er leer davon. Er nahm sich Israels an, seines Knechtes, zu gedenken seines Erbarmens, wie er zu unseren Vätern sprach, für Abraham und seine Nachkommen auf ewig!“ (Lk. 1,46-55)
Um hier das Außergewöhnliche festzustellen, muss man zunächst wissen, dass Maria ihr Magnifikat aus insgesamt vierundzwanzig biblischen Fragmenten und Sätzen zusammensetzte:
Vers 46: „Hochpreist meine Seele den Herrn“
Aus: Ps 34,2: „Preisen will ich den Herrn“
Vers 47: „und mein Geist jubelt über Gott, meinen Retter“
Aus: Hab 3,18: „Aber ich werde im Herrn jubeln, frohlocken über Gott, meinen Retter.“
Und aus: Ps 34,9: „Dann wird meine Seele jubeln im Herrn“
Und aus: 1 Sam 2,1: „Mein Herz jubelt im Herrn“
Vers 48a: „er schaute gnädig herab auf die Niedrigkeit seiner Magd“
Aus: 1 Sam 1,11: „Herr der Heerscharen, wenn du die Niedrigkeit deiner Magd ansiehst“
Vers 48b: „denn siehe, von nun an werden mich selig preisen alle Geschlechter“
Aus: 1 Mo 30,13: „Ich bin selig, denn die Frauen preisen mich selig.“
Und aus: Ps 72,17: „In ihm mögen sich segnen alle Geschlechter, alle Völker sollen ihn seligpreisen“
Vers 49: „Große Dinge hat an mir getan der Mächtige, und heilig ist sein Name.“
Aus: 5 Mo 10,21: „… Gott, der an dir große und furchterregende Dinge getan hat“
Und aus: Ps 111,9: „Heilig und verehrungswürdig ist sein Name.“
Vers 50: „Sein Erbarmen gilt von Geschlecht zu Geschlecht denen, die ihn fürchten.“
Aus: Ps 103,11.13.17: „so groß ist über denen, die ihn fürchten, sein Erbarmen … so erbarmt der Herr sich derer, die ihn fürchten … Doch ewig währt die Huld des Herrn über allen, die ihn fürchten, und seine Treue noch bei Kindeskindern.“
Vers 51: „Er übt Macht aus mit seinem Arm; er zerstreut, die hochmütig sind in ihres Herzens Sinnen.“
Aus: Ps 118,15: „Die Rechte des Herrn erhöht, die Rechte des Herrn wirkt Gewaltiges!“
Und aus: Ps 89,11 (Septuaginta): „Du hast den Hochmütigen wie einen Verwundeten erniedrigt, und mit dem Arm deiner Macht hast du deine Feinde zerstreut.“
Vers 52: „Gewalthaber stürzt er vom Thron und erhöht die Niedrigen.“
Aus: Sir 10,14: „Den Thron der Fürsten stürzt Gott um und setzt an ihre Stelle die Unterdrückten.“
Und aus: Hi 5,11: „Niedrige setzt er in die Höhe“
Und aus: Hi 12,19: „Er warf Herrscher der Erde um“
Und aus: Ez 21,31: „so spricht der Gebieter und Herr: … Das Niedrige wird erhöht, das Hohe erniedrigt.“
Vers 53: „Hungrige erfüllt er mit Gütern, und Reiche schickt er leer davon.“
Aus: Ps 107,9: „Denn er hat … die hungrige Seele mit Gutem erfüllt.“
Und aus: Hi 12,19: „Der Priester (Reiche) als Kriegsgefangene wegschickt ...“
Vers 54: „Er nahm sich Israels an, seines Knechtes, zu gedenken seines Erbarmens“
Aus: Jes 41,8: „Du aber, Israel, mein Knecht, und Jakob, den ich erwählt“
Und aus: Ps 98,3: „Er gedachte seines Erbarmens und seiner Treue für das Haus Israel“
Vers 55: „wie er zu unseren Vätern sprach, für Abraham und seine Nachkommen auf ewig!“
Aus: Mi 7,20: „Mögest du Jakob Treue erweisen und Abraham Erbarmen, wie du unseren Vätern geschworen hast“
Und aus: 2 Sam 22,51: „Er … erwies seinem Gesalbten Erbarmen, David und seinen Nachkommen auf ewig“
Wenn wir uns nun vor diesem Hintergrund vor Augen führen, wie Maria das aus diesen vierundzwanzig biblischen Fragmenten und Sätzen bestehende Magnifikat in Anwesenheit Elisabeths aus dem Stegreif und innerhalb einiger weniger Sekunden aufgesagt hat, dann stellen wir bei etwas längerer Betrachtung fest, dass sie es unter mystischer Begnadung formulierte, ohne die sie das nie gekonnt hätte. Denn so etwas ist dem menschlichen Geist und Verstand von Natur aus nicht möglich. Probieren Sie das einmal aus: Lernen Sie vierundzwanzig biblische Fragmente auswendig und formulieren Sie dann, wie Maria, mit ihnen aus dem Stegreif und innerhalb von wenigen Sekunden einen neuen theologisch richtigen Text! Sie werden das nicht schaffen! Aber Maria hat das geschafft! Sie hat das von Natur aus Unmögliche geschafft, weil sie durch den Heiligen Geist dazu befähigt worden ist! Sie hat diese mystische Gnadengabe zur Ehre und zur Verherrlichung ihres Gottes besessen, dessen Magd sie ist!
Maria hatte also nicht nur die Gabe der Weissagung, mit der sie Dinge wahrnehmen konnte, die man normalerweise nicht wahrnehmen kann, sondern auch die Gabe, mit ihrem Verstand Dinge zu vollbringen, zu denen der Verstand von Natur aus nicht in der Lage ist! Wer weiß, welche außergewöhnlichen Gnadengaben, die sie auszeichnen, sie noch besessen hat?!